Profil
Autoren | Leonie Ossowski (1925-2019) |
Damen | 2 |
Herren | 7 |
Bereich | Sprechtheater |
Genre | Jugend |
Alter | 14 |
Synopse
Schüler*innen proben gemeinsam mit ihrem Lehrer „Stern ohne Himmel“ von Leonie Ossowski. Die Rolle des Willi ist mit Wolle besetzt, Metin soll Abiram, einen fünfzehnjährigen Juden auf der Flucht aus dem Konzentrationslager spielen – werden ihn die anderen Jugendlichen verraten oder ihn verstecken, bis endlich die Alliierten das Dorf eingenommen haben? Wolle ist stark von seinem Großvater geprägt, der die Zeit des Nationalsozialismus als eine persönliche Heldengeschichte erzählt – Willi ist es, der im Stück am stärksten für Gehorsam gegenüber der NS-Obrigkeit plädiert. Metin ist der Sohn von Menschen, die als so genannte „Gastarbeiter*innen“ aus der Türkei in die Bundesrepublik gekommen sind. Der Vater ist arbeitslos geworden – nun soll die Familie, mit einer Rückkehrprämie „entschädigt“, in ein Land zurückkehren, in dem Metin niemals zur Schule gegangen ist. Je stärker Schüler*innen und Lehrer in das Stück einsteigen, desto intensiver identifizieren sie sich mit den Rollen – oder werden sie vor allem mit diesen Rollen identifiziert? „Ich bin doch für euch nichts anderes als der Jude im Stück, der froh sein muss, wenn ihm geholfen wird! Und dem man selbst nichts zutraut. Denn ihr seid ja für mich da! Mann, seid ihr gut – setzt euch so richtig für’n armen Metin ein! Aber ich bin auch’n Mensch, verstehste, nicht nur’n Türke.“ (Metin) Für Willie ist Abiram „der Jude“, für Wolle wird Metin „der Jude“. Die anderen Jugendlichen identifizieren sich zunehmend mit den Signalen der Hilfsbereitschaft, die ihre Figuren auch im Stück an den Tag legen. Inwieweit können sie ihre Eltern oder sogar den Innensenator mobilisieren, um für Metin ein Bleiberecht in dem Land zu erwirken, in dem er groß geworden ist?
1983 am Grips-Theater uraufgeführt wurde das Stück auch 1993 am Tiyatrom in Berlin zur Diskussion gestellt. Yalcin Güzelce, der 1983 den Metin gespielt hatte, führte 1993 Regie. Im fortschreitenden 21. Jahrhundert stellen sich die verhandelten Fragen – nicht zuletzt auch die „Besetzungsfragen“ dieses „Theaters auf dem Theater“ – mit bleibender Dringlichkeit. Die Frage, wie es in einer multikulturellen Gesellschaft gelingen kann, an den Holocaust zu erinnern, ohne dieses singuläre Verbrechen zu relativieren, wird auch dadurch zunehmend akut, dass auch die wenigen überlebenden Zeitzeug*innen dieses Verbrechens sterben.