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Amiras Geheimnis

 

 

Autorin Kathrin Maier
Besetzung 3 D/1H
  Klassenzimmerstück und/oder
große Bühne
  frei zur UA

 

 

„Amiras Geheimnis“ erzählt die Geschichte einer Liebe zwischen zwei jungen Frauen, die eine von ihnen in einen tiefen Konflikt mit ihrem Glauben und schließlich in den Tod treibt.

 

Die junge Geflüchtete Amira kommt nach den Sommerferien neu in Sonjas Klasse. Sonja ist von Anfang an fasziniert von ihr, doch Amira reagiert schroff und abweisend auf Sonja. Sonjas Kumpel Hannes gegenüber hingegen verhält sich Amira freundlich. Sonja ist eifersüchtig, da Hannes so hingerissen von Amira ist und sich weniger mit ihr beschäftigt. Das Verhältnis zwischen Sonja und Amira wird zunehmend angespannter. Während des Unterrichts erzählt Amira ihrer Lehrerin Frau Klein, dass Sonja ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat, woraufhin Frau Klein Sonja dazu verdonnert, Amira Nachhilfestunden in Deutsch zu geben. Beide Mädchen sind stinksauer aufeinander, sie haben keine Lust, sich auch noch nach der Schule miteinander abgeben zu müssen. Was Sonja nicht ahnt: Amira fühlt sich vom ersten Augenblick an zu ihr hingezogen und will diese Gefühle um jeden Preis unterdrücken, denn schon einmal haben ihre Gefühle zu einer Frau ein großes Opfer gefordert. Während der Nachhilfestunden nähern sich die beiden langsam an. Ein zartes Band der Freundschaft entsteht, das schnell fester wird. Eines Tages sieht Amiras Vater, der seine Tochter von der Schule abholt, sie zusammen und zerrt Amira von Sonja weg. Die versucht zu helfen, doch Amira bittet sie, zu verschwinden. Am nächsten Morgen taucht Amira mit einem blauen Auge in der Schule auf. Sonja ist entsetzt. Amira behauptet, gestürzt zu sein, doch Sonja ist fest davon überzeugt, dass Amira das Veilchen ihrem Vater verdankt. Sie bietet Amira ihre Hilfe an, diese lehnt jedoch ab. Sonja lässt sich nicht abschütteln und sucht die Geflüchtetenunterkunft auf, in der Amira wohnt. Als Amira sie dort sieht, wird sie wütend, doch Sonja lässt nicht locker. Irgendetwas verschweigt Amira, das spürt sie genau. Endlich erzählt Amira ihr ihre Geschichte: In ihrer Heimat hatte sich Amira vor ein paar Jahren in Ayla, die Tochter ihrer Nachbarn verliebt. Obwohl sie genau wussten, was sie ihren streng muslimischen Familien damit antaten, fingen die beiden Mädchen eine heimliche Beziehung an. Mit der Zeit wurden sie immer unvorsichtiger und eines Tages erwischte Amiras Vater sie …

Im Fokus steht ein „Geheimnis“, das Menschen in vielen Gesellschaften weltweit besonders angreifbar und verletzlich macht – und eben darum oft ein „Geheimnis“ bleibt, das echte Vertrauenswürdigkeit und Toleranz erfordert. In einem Klassenzimmer, als Klassenzimmerstück, ist das Werk an einem Originalschauplatz angesiedelt und mitten im Leben dieser jungen Menschen, die auch die Protagonist*innen sind. „Amiras Geheimnis“ kann aus dem gelebten Alltag junger Menschen entstehen. Starke Gefühle, Empathie und Partizipation fordert dieses Stück heraus, indem es eine Tragödie inmitten von überdurchschnittlich toleranten Menschen verortet.
Auf einer größeren Bühne wird im Zusammenspiel mit dem Publikum spürbar, wie nah alles Geschehen im Stück an jene Geflüchtetenunterkunft grenzt – und dass die „große Bühne“ zu klein ist, um die komplexe Realität einer Geflüchtetenunterkunft zu fassen. „Ganz zu schweigen“ von jenem Erlittenen, wovor Amira, ihr Vater und so viele andere Menschen fliehen müssen. Einem Erlittenen, das auf dem Weg in eine fremde Lebenswelt nicht automatisch Konsens stiftet. Wessen „Geheimnis“ ist eigentlich die Geflüchtetenunterkunft? Ein Geheimnis der Bundesrepublik? Ein Geheimnis des Vaters von Amira? Ein gemeinsam gewahrtes Geheimnis, das „Opfer“ verlangt genauso wie die Homosexualität einer jungen Frau, die nur mit dem eigenen Tod die Zugehörigkeit zum Vater und Land ihrer Kindheit beweisen zu können denkt?

In der Bundesrepublik, die erst in den 1990er Jahren gesetzliche Unrechts-Überreste einer Strafbarkeit „homosexueller Handlungen“ beseitigt hat, wurde durch zivilgesellschaftliches Engagement in den letzten Jahren einiges erreicht. Aber erst seit dem 1. Oktober 2022 gibt es eine Dienstanweisung des Bundesministeriums des Innern an das BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge), nach der in Asylverfahren zu berücksichtigen ist, ob ein Mensch ihre/seine Homosexualität im Herkunftsland OFFEN leben kann. In „Fällen“ wie dem des aus Algerien stammenden Abdelkarim Bendjeriou-Sedjerari haben Gerichte ein Recht auf Asyl immer wieder abgelehnt: Heimlich könne er ja seine Homosexualität dort leben. Dass Homosexualität in Algerien strafbar ist und dieser Mensch in Algerien und Deutschland offen für LGBTIQ+-Rechte (und damit an vorderster Front für zentrale Werte einer freiheitlichen, demokratischen Gesellschaftsordnung) kämpft, wurde damit für obsolet erklärt. Inwieweit sich für die Situation geflüchteter Menschen wirklich etwas ändert in der Bundesrepublik bleibt nicht „abzuwarten“ – eine tiefgreifende Änderung gängiger Alltagspraxis bei den Behörden bedarf eines hartnäckigen Kampfes.