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Julies Game

Profil

Autoren Hansjörg Betschart
Damen 3
Herren 1
Besetzungshinweis Nebenrollen 
Aufführungsgeschichte UA: Schauspielhaus Zürich 1999 
Bereich Sprechtheater
Genre Schauspiel

Synopse

„Fräulein Julie“? Betschart siedelt „Julies Game“ in einer stillgelegten Kaserne an, die als „Übergangsheim“ für Geflüchtete von Julies Vater, einem Textilfabrikanten, betrieben wird und Julie in dieser Fastnacht auch als Party-Location dient. Julies Objekt der Begierde ist nicht „Jean“ wie bei Strindberg sondern Teszan, ein bosnischer Asylbewerber. Er musste seine sterbende Mutter in der Heimat zurücklassen. Kristina, seine Weggefährtin, muss ihre Traumatisierung immer wieder durch Valium in Schach halten. Kristina versteht die Sprache (deutsch) nicht, in der sich Julie und Terszan unterhalten. Zugleich ist sie es, die in der Perspektive der Zuschauer*innen durchgehend deutsch spricht. Sie „versteht“ nicht nur die neue Sprache nicht, sie ist mehrfach ausgegrenzt: Verleiht der Glaube an Gott ihr Widerstandskraft gegen den drohenden Ausschluss durch Julie und Terszan? Wenn sie im Traum vom Krieg spricht, fügt sie die Worte dieser deutschen Sprache pausenlos aneinander. Terszan und Julie wechseln manchmal ins Englische: Als „Asylbewerber“ ist Terszan – ebenso wie Kristina – dauernd von „Ausschaffung“ (Bezeichnung für „Abschiebung“ in der Schweiz) bedroht und versucht Julie von seinen Qualitäten als „Mann“ und „Servicekraft“ mit kosmopolitischem Appeal zu überzeugen. Bereits sein Vater hat dem Vater von Julie als Maurer gedient – illegal offenbar, so dass Julie diese Arbeit als „Vergnügen“ verwirft. Vielleicht gelingt mit Julie eine Geschichte des Aufstiegs? Gemeinsam ein Hotel in Italien eröffnen? Offenbar zögert ihr Vater jedoch mit dem „Übergangsheim“ nur den Konkurs hinaus – das in die Ehe eingebrachte Kapital von Julies Mutter ist aufgebraucht. Der Einsatz unbezahlter Arbeitskräfte aus „Jugoslawien“, zu Friedenszeiten, hat sich nicht rentiert – folgt man der Erzählung Julies. Terszan arbeitet mit Anekdoten, die Julie glauben lassen, er sei von ihr besessen. Viele Geschichten bieten sich in dieser Konstellation an: Reicht das Bargeld aus dem Tresor für einen Neuanfang von Julie, Teszan und Kristina? Oder sind Geld und Blutspuren eines Vogels nicht perfekte Zutaten für ein Täterprofil „Terszan, krimineller Ausländer“? Können Szenarien von Flucht (Kristina/Terszan), sozialem Aufstieg (Terszan) und ersehntem „Ausstieg de luxe“ (Julie) zu irgendeinem Zeitpunkt konvergieren? Schenken Menschen nur den Erzählungen Glauben, deren Erzähler*innen einen Statusvorteil versprechen?

 

Ein Reaktionsmuster (Julie) in „Julies Game“:
Wie heißt du eigentlich? Wahrscheinlich hast du gar keinen Nachnamen? Im Krieg verloren, wie? Lass mich!!! Und jetzt soll ich Lady „Go-and-get“ werden, oder Miss „Müllmann“, wie? Du Pisser?! Bildest du dir wirklich ein, ich wolle mit dir fliehen? Weil ich warte, bis Vater nach Hause kommt? Bis er den Tresor offen vorfindet, und den Schreibtisch aufgebrochen. Bis er anruft. Erst hier unten. Dann die Polizei. Dann werden die jungen Männer kommen. Und ich werde erzählen. Eine schreckliche Geschichte. Auf deutsch. Und man wird mich verstehen. Jedes Wort. Alles. Und dann wird man dich packen. Und du wirst in deiner Sprache schreien. Aber man wird dich nicht verstehen. Dann kannst du dort unten weiterschreien, wo du hergekommen bist.