Mit „Die Küche der Reichen“ von Vasıf Öngören (1938-1984) ist ein Werk zu entdecken, mit dem der Autor 1980 den Versuch unternahm, Menschen in der BRD näherzubringen, was 1971 beim Militärputsch in der Türkei geschehen war: Die Aufführungen fanden in West-Berlin abwechselnd in türkischer und deutscher Sprache statt. Öngören war, ähnlich wie Nâzım Hikmet („Menschenlandschaften“) in der Elterngeneration, ein Grenzgänger: Mit dem Militärputsch 1971 war das Ende für Öngörens Birlik Tiyatrosu (Kollektiv-Theater) in Ankara gekommen. Er selbst wurde aus politischen Gründen zu Haft und Verbannung nach Ost-Anatolien verurteilt und kam durch eine General-Amnestie 1974 frei. In West-Berlin führte Öngören, der in Ost-Berlin studiert hatte und dem Epischen Theater Bertolt Brechts verbunden war, das Kollektiv-Theater (Birlik Tiyatrosu) bis 1982 fort. Seine letzte Station sollte Amsterdam sein, wo er am 1. Mai 1984 verstarb. „Die Küche der Reichen“ ist ein Meilenstein in der Geschichte diversen, vielsprachigen Theaters in der Bundesrepublik.
Es lohnt sich, ein Stück wie „Die Küche der Reichen“ im Zusammenhang mit der Deutschland-Trilogie von Hans Günter Michelsen zu betrachten und die „Nebenfigur“ eines „Gastarbeiters“ in Michelsens „Alltag“ aus der Perspektive von Menschen wahrzunehmen, die aus der Türkei nach Deutschland kamen. Ein anderes Befremden über dieses Land geht mit dem Blick einer Journalistin einher, die ab 1946 die geschichtsvergessene Genese eines Wirtschaftswunderlandes begleitet: „Das Gartenfest oder Eine deutsche Idylle“ (Ingeborg Drewitz).